Auch wenn Path gerade immer noch die Belle du Jour in den Social-Media-Salons ist: ich werde das Netz und alle seine Apps wieder von meinen Geräten verbannen. Und in die Ecke zu Quora und den anderen alten Spielzeugen stellen. Und trotzdem habe ich etwas Wichtiges von Path gelernt, aber dazu später mehr.
Die Vorgeschichte: Path versprach mir, wieder einmal, ein leichteres Leben ohne #socialmüdia. „Keine Sau will mehr zu Facebook, da ist es inzwischen zu voll“, hatte Techcrunch-Gründer Michael Arrington gepoltert (und nur wenige hatten im aufbrandenden Beifall bescheiden darauf hingewiesen, dass der Mann als Investor ja seine unkeuschen Interessen an Path hat).
Elegant beschränkt – oder kastriert?
Die Eleganz liegt bei Path in der Reduktion aufs Wesentliche, und das heißt zuerst einmal: Die Anzahl der möglichen Kontakte ist auf 150 beschränkt – auf die „Dunbar-Zahl“ also; jene angebliche Obergrenze für die Größe von Gruppen, ab der unser Gehirn den Überblick verliert. Reduce to the max – auch beim persönlichen Netzwerk.
Leider läuft das bei mir komplett ins Leere – ich begegne bei Path nicht meinem engsten, höchstpersönlichen Umfeld, also den wichtigsten 150 Menschen in meinem Leben, sondern demselben Netzvolk wie bei Google+ und Twitter. Die nun wieder sehr aktiv sind – und da Path die unangenehme Eigenschaft hat, seine eigenen Mitteilungen für äußerst wichtig zu halten und per Voreinstellung in die Benachrichtigungen meiner Mobilgeräte zu schießen, setzen nun die zahlreichen Stationen des ebenso regen wie geschätzten Kollegen @roquane den Gebrauchswert von Pad und Phon massiv herab.
Nebenbei halte ich das Konzept für fragwürdig. Dunbar schön und gut, aber der Ansatz spricht dem anderen Säulenheiligen der Social-Media-Soziologie hohn: dem ollen Mark Granovetter, der ja herausgefunden hat, dass es gerade die nicht so dolle engen Freunde sind, mit denen man sich nutzbringend vernetzt. Wurde ja von interessierter Seite gerade mit Befunden unterlegt. Vom eben so ollen Metcalfe und seinen drögen Überlegungen zum Nutzen eines Netzwerks, der mit der Anzahl der Nutzer steigt, mal geschwiegen. Mir drängt sich der Verdacht auf: Die Dunbar-Zahl ist eine bequeme Rechtfertigung, um sich nicht mit der Frage herumärgern zu müssen, wie man denn das wirkliche Leben am besten in einem sozialen Netz abbildet – mit all seinen abgestuften Netzwerken, Gruppen, Vereinen, Kreisen, Listen oder wie auch immer man die Dinger nennen mag.
Die mobile Essenz
Und doch sollte man sich Path unbedingt angesehen haben – die Eleganz und Konsequenz, mit der das Netz nutzbar ist, ist aller Ehren wert. Das liegt daran, dass Path ohne Wenn und Aber auf mobile Nutzung zugeschnitten ist. Man nutzt Path so selbstverständlich, wie man ein Telefon nutzt – das Smartphone wird auf einmal zum selbstverständlichsten Tagebuch des eigenen Weges. Es gibt noch nicht einmal mehr einen Webzugang für Desktop-Nutzung. Und wer einmal Path genutzt hat, kommt nun wirklich nicht mehr in Versuchung, sich mit Foursquare abzumühen – es sei denn, man ist wirklich sehr scharf auf die virtuellen Pokale.
Die Path-Macher haben eine aktuelle Erkenntnis konsequent umgesetzt: Social Media 2012 ist mobil – und damit auch immer ortsbezogen. Und auch wenn mich das Konzept insgesamt nicht überzeugt: dieses Gestaltungsprinzip wird uns bleiben.
(Anmerkung: Path ist seit 2018 Geschichte – Artikel dazu bei der Ratgeber-Seite fonehow.com, dessen Gründer mich mit zwei Mails darauf hinwies. Das nenne ich mal entschlossenes Linkbuilding!)
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