Auf mein gestriges Fundstück zum Thema „Blogger vs. Journalisten“ kam ein interessanter Kommentar, der mir zum einen vorhielt, die Schlagzeile sei ein Scheingegensatz (okay – aber: es ist halt so ein schönes Klischee!), zum anderen die schöne Beobachtung beitrug, das Wort „Amateur“ komme von „amare“, lateinisch: lieben.
Nun unterscheidet sich der Amateur vom Profi ja erst einmal dadurch, dass letzterer versucht, von seiner Tätigkeit zu leben, und nicht durch die Liebesfähigkeit; trotzdem wirft das die Frage auf, wo denn im journalistischen Alltag die Liebe zur Sache geblieben ist. Schließlich ist es genau das, was Profi-Journalisten sich aus dem Netz immer wieder anhören müssen: Lieblos.
Natürlich: Alles kann und will man nicht lieben; und da wir Journalisten in der linearen Welt von Radio, TV und Print nun einmal Generalisten sein müssen: Für „Kurz alles Wichtige von heute“ braucht man keine Liebe, sondern Effizienz. Und doch: als ich heute Richard Gutjahrs wunderbaren Text las über das, was Journalisten vom Blogger (nein: als Blogger, @issis!) lernen können, dachte ich: in Richards Aufzählung (Kritikfähigkeit, Demut, Experimentierfreude, Transparenz und Tatkraft) fehlt mir die Liebe zur Sache. Und damit meine ich jetzt nicht blinden Fanatismus; Kreuzzügler lese ich auch als Blogger nicht. Aber die Leidenschaft für das, worüber wir berichten.
Eine Ahnung, wohin ein Teil dieser Leidenschaft entwichen sein könnte, vermittelt ein Text des „Rhein-Zeitung“-Chefredakteurs Christian Lindner für das kommende crossmediale Journalistenlehrbuch von Christian Jakubetz et. al. Für Lindner begann die Liebe zu verschwinden, als die Technik einsickerte – etwa das Fax:
Das Wort „gestern Abend“ schmückte nun immer öfters unsere Texte. Was wir dabei verloren, merkten unsere Altmeister eher als wir jungen Kollegen: Hatten sie noch die Zeit gehabt, genossen und genutzt, beim berühmten Bier nach der Ratssitzung von den Kommunalpolitikern die wirklich spannenden Informationen gesteckt zu bekommen, so hetzten wir nun direkt nach Ende des Termin zum Schreiben in die Redaktion. Wir informierten nun schneller – und verloren genau dadurch Informationen.Und das Unheil namens Technikfixierung, das Tausende von deutschen Lokalredaktionen inhaltlich schwächte, nahm weiter seinen Lauf.
Jetzt habe ich mit diesem Text alle möglichen Streitpunkte; ich finde nicht, dass jemand schon ein guter Journalist ist, bloß weil er ein Ignorant ist: wie sein Produkt entsteht und welche Mittel einem das in die Hand gibt, muss man wissen. Aber lesenswert ist der Text in jedem Fall, schon weil Christian Lindner ja kein nostalgisierender Technikfeind ist, sondern ein Zeitungs-Pionier im Feld „Nutzerbindung via Social Media„. Und in der Beobachtung stimme ich ihm zu: Irgendwo ging im Klein-Klein ein Stück Leidenschaft verloren – das man von den Bloggern wieder lernen kann.
Steile These: All you need is love.
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