"A journalist who is also a bad programmer, stylized in the style of Gary Larson"

Kleine Kuratierschau: WordPress statt Storify? und: Grundsatzfrage als Modefrage

Das passiert ja nicht oft, aber ich glaube, diesmal liegt Claus Hesseling daneben: Er empfiehlt, als Plattform für Streamjournalismus nicht Storify zu nutzen, sondern ein WordPress-Blog entsprechend aufzurüsten – mit Plugins zur Twitter-Integration, für Videos, für Google Maps und für Fotos per Drag&Drop. Im Zuge meiner eigenen bescheidenen Experimente mit Storify und Co. halte ich das aber für keinen gangbaren Weg – aus ganz einfachen, praktischen Gründen.

Reibungsverluste im Klein-Klein

Nehmen wir mal an, eine Nachrichtenredaktion wolle mit Streamjournalismus experimentieren – Themen, für die ein oder mehrere Ströme die geeignete Form sind, drängen sich geradezu auf: Streiks im Nahverkehr, ein Großunfall auf der Autobahn oder im Chemiewerk, Sportereignisse, das nächste „Schneechaos„… you name it. Aber wenn ein solches Ereignis da ist, ist es zu spät zum Üben: Da möchte man sich nicht auch noch mit einem neuen Werkzeug herumschlagen.

Also muss sich die Redaktion langsam an die neuen Techniken herantasten – und da ist es entscheidend, dass dieses Herantasten Spaß macht. Quasi nebenbei passiert. Kuratieren mit WordPress passiert nicht nebenbei – dafür muss man einfach zu viele URLS und Textschnipsel hin- und herkopieren, selbst mit geeigneten Plugins. Von der Eleganz, mit der ich Fundstücke bei Storify losströmen lassen  kann, sind sie weit entfernt – und richtig eklig wird’s, wenn „breaking news“ alles über den Haufen werfen und ich auf einmal den gesamten WordPress-Post umkrempeln muss, weil das Neueste nach oben soll.

Es ist vielleicht nicht viel, was das Arbeiten bei Storify und in WordPress voneinander unterscheidet – hier ein Klick, dort ein Control-V-Control-C – aber diese winzigen Reibungsverluste kosten Nachrichtenredakteure im Ernstfall Nerven. Der Bereitschaft, sich nebenbei mit einer neuen Form und einem neuen Werkzeug zu beschäftigen, sind sie jedenfalls abträglich – und die ist bei den unter hohem Druck stehenden Kollegen ohnehin meiner Erfahrung nach nicht sonderlich hoch.

Was aber…

…alles nichts daran ändert, dass Claus Hesseling sich ja zurecht den Kopf zerbricht, warum man schon wieder ein Stück Kontrolle über eigene Plattformen aus der Hand gibt und auf einen Gratisanbieter irgendwo in der Cloud verlagert, wenn auch einen mit journalistischen Credentials.

Und woran es auch nichts ändert: Ums Kuratieren, um die Integration des Erzählens im Strom in unsere Plattformen und Abläufe, müssen wir uns alle so unsere Gedanken machen – da bin ich ganz bei Dirk von Gehlen, der elegant und leichtfüßig auf den polternden Anwurf geantwortet hat, Journalisten sollten gefälligst recherchieren und nicht kuratieren:

Hier will sich jemand nicht länger sagen lassen, dass sein Beruf sich ändert. Hier will jemand gegen Mode-Worte aufbegehren. Doch dabei verrutschen die Begriffe. Er zielt auf die Mode, trifft aber die Kleidung. […]

Im Netz gibt es ein Zuviel an Informationen und ein Zuwenig an Orientierung. Da ist journalistisches Gewichten bedeutsamer denn je. Deshalb sollte man nicht auf das Prinzip des Beinkleides schimpfen, nur weil einem eine spezielle Hose nicht gefällt – sonst steht man ganz schnell nackt da.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Kleine Kuratierschau: WordPress statt Storify? und: Grundsatzfrage als Modefrage“

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