Auch das kommt immer wieder vor: Zweieinhalb Stunden für die Goldene Ananas gearbeitet. Der Plan, von der feierlichen Wiedereröffnung des Frankfurter Filmmuseums eine vertonte Bildergalerie mitzubringen, war schön, scheiterte letztlich aber daran, dass ich in langer Elternzeit meinen Zugang auf einen unserer Live-Server verloren habe und abends niemand mehr das Werk hochladen konnte. Shit happens – Schwamm drüber. (Ich schreibe diesen Post auch deshalb, damit ich das Ergebnis wenigstens irgendwo verwerten kann. )
Dass mich dieser Tag ins Grübeln über die Form „Tonbildschau“ gebracht hat (aka „Webreportage“ oder „Audiogalerie“, meist aber einfach nach dem bekanntesten Tool: „Soundslides„), hängt weniger mit dieser Panne zusammen, die ja voll und ganz auf meine mangelnde Planung zurückgeht. Ich bin inzwischen deutlich eher geneigt, Fabian Mohr zuzustimmen, der das Format Tonbildschau schon vor einiger Zeit für tot erklärt hat. Meine Begründung ist etwas kürzer: Sie kosten zu viel Zeit.
Soundslides sind nicht tot, sie riechen nur komisch
Ob aus der Münchener Kultkneipe XCess oder von einem der acht Millionen New Yorker: eine gelungene Tonbildschau bewirkt Einzigartiges. Starke Bilder dürfen stehen bleiben und liefern dem Augentier Mensch die begehrten Reize, lassen aber Raum, damit die Töne wirken können; lassen dem emotionalen Audio Platz, um auch das Kino im Kopf anzuwerfen. (Matthias Eberl hat das mal mit dem Konzept der „Leerstelle“ trefflich ausgedrückt.) Dass der Ton gerade im Video häufig unterschätzt wird, dass Emotionen kaum so gut vermittelt werden können wie mit starken Tönen: Soundslides zeigen es. Die besten Tonbildschauen sind kleine Kunstwerke.
Das Stück von der Museums-Eröffnung ist erkennbar kein Kunstwerk; das war auch nicht der Anspruch. Unsere Überlegung war, der üblichen und vorhersehbaren Promi-Bildergalerie einen Mehrwert mitzugeben; deshalb eine bewusst emotionale Frage an die Schauspieler und Regisseure („Welche Kino-Erinnerung würden Sie gerne in ein Museum schmuggeln?“). Im Prinzip eine Umfrage mit Fotos – schnell und einfach gemacht; schließlich sollte die vertonte Bildergalerie Teil der normalen aktuellen Berichterstattung werden.
Genau da aber liegt das Problem: Die Arbeit an Bild und Ton lässt sich nicht parallelisieren, gleich zweimal nicht. Während ich mit meinem Gegenüber spreche, kann ich keine Fotos machen; während ich eine O-Ton-Kollektion schneide, keine Bilder dazu auswählen. Nun ist letzteres eine Schwäche des Werkzeugs Soundslides, das keine nachträgliche Tonbearbeitung im Editor erlaubt, und ersteres ließ mich tatsächlich über eine Bastellösung mit Mikro an der Kamera nachdenken – bis mir auffiel, dass es das ja weiß Gott schon gibt. Für diese Aufgabenstellung wäre es einfacher, schneller und effizienter gewesen, einfach kurze Videos der O-Töne aufzunehmen und zu collagieren – wenn sowieso ein TV-Team vor Ort ist und man crossmedial plant, können die Spezialisten das gleich mit erledigen und ohne großen Aufwand das Material für den gewünschten Online-Mehrwert beischaffen. Bittere Wahrheit: Für den Einsatz im Aktuellen sind Tonbildschauen Overkill.
An sich ist das auch für uns keine neue Erkenntnis. Ein Kollege aus der Redaktion, ein echter Soundslides-Künstler, hat mir einmal geholfen, DaumenFaustregeln für den Aufwand einer Tonbildschau aufzustellen, und diese Faustregeln treffen immer wieder erstaunlich gut zu: Einen Arbeitstag sollte man rechnen. Und dieser Aufwand lohnt sich im aktuellen Geschäft schlicht nicht.
Auch zur Zweitverwertung von Hörfunk-Audios – heimliche Hoffnung der Multimedia-Fans beim Radio – eignen sie sich nur bedingt, weil das Fotomaterial der Agenturen dafür meist nicht ausreicht. Bleibt die bittere Erkenntnis: Online-Tonbildschauen mit Daseinsberechtigung sind weiße Elefanten – eindrucksvoll und ästhetisch, aber verdammt selten.
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