Einerseits kann ich ja gut verstehen, dass Bars sich zur Google-Glass-freien Zone erklären – ebenso wie Kinos und Nachtclubs. Andererseits kann ich auch Kai Diekmann verstehen, dass er unbedingt so ein Ding haben wollte (wenn sie denn schon dem in Kalifornien hospitierenden Bild-Chef zwischenzeitlich Teile seiner Redaktion wegsparen). Ich auch! Weshalb ich auch nicht widerstehen konnte, mich auf der re:publica mit einem Google Glass auf der Nase fotografieren zu lassen; auf die Gefahr hin, von Leuten, die sich gefilmt wähnen, völlig zu Recht einen Eimer Eiswasser ins Gesicht zu bekommen. Auch wenn das mit dem Filmen leider nie funktioneren wird, wenn das Google Glass nur ein Imitat aus dem 3D-Drucker ist.
Keine Frage: Das Google Glass ist ein Will-ich-haben-Ding, das uns wieder ein kleines Würfelchen unbeobachteten Raums raubt. Die Frage ist eher: wie viel ist davon noch übrig. Am selben Tag, an dem ich das Foto ausfindig machte, habe ich mit meinem Smartphone einen ganz banalen QR-Code abgescannt. (Auf Fischstäbchen, um genau zu sein: ich wollte mal wissen, wieviel mir denn der Hersteller tatsächlich über die Herkunft der Panadepixel verrät.) Dafür habe ich die auf Mustererkennung spezialisierte App „Google Goggles“ verwendet. Und mir dabei nichts Böses gedacht.
Minuten später sehe ich in der Benachrichtigungs-Zeile des Telefons ein mir unbekanntes Symbol. Es stammt von der „Goggles“-App: 2 Übereinstimmungen gefunden. Eine davon mit den Produkten eines für seine Blumenmuster bekannten finnischen Haushaltsartikelfirma – die App hatte das Muster auf dem Lätzchen meiner Tochter entdeckt. Auf einem Monate alten Foto.
Nun, beklag dich nicht, mündiger Kunde. Die Erlaubnis zum Zugriff auf die Kamera und damit auch die Foto-Bibliothek meines Smartphones habe ich der App erteilt. Einmalig, bei Installation. Dass das heißt, dass auch nicht mit Goggles gemachten Fotos auf einen Google-Server geladen und dort ausgewertet werden, muss mir wohl irgendwie entgangen sein. Ich bin nicht über die Maßen paranoid, aber dass Big Data Brother schon mit meiner Familie am Esstisch sitzt, hätte ich gerne verhindert.
Eine neuere Folge meiner BBC-Lieblingsserie „Doctor Who“ hatte vor einiger Zeit ein Szenario, in dem die außerirdischen Bösewichte den Helden jederzeit verfolgen konnten – einfach weil sie Zugriff auf fast alle vernetzten, digitalen Kameras hatten. Die fast vollkommene Überwachung des öffentlichen Raums mit Servern und den Augen privater Kameras.
Ich fürchte allmählich, dass das kein Science Fiction mehr ist.
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