Kurz ein paar Erkenntnisse aus einem kleinen Experiment mit der Livestreaming-App für den sendungsbewussten Twitterer. Seit einem Update letzte Woche läuft die App auch auf meinem iPad rund. Dann ein Anlass: Auf dem LPR-Forum Medienzukunft hatte ich nach dem Vortrag des „Krautreporter“-Chefredakteurs Alexander von Streit noch reichlich Fragen – und dachte mir: die kann ich ihm gleich auch vor einem kleinen Publikum stellen. (Dazu demnächst mehr.) Also in der Pause zu ihm hin, den Rahmen besprochen – und angefangen.
Das Schöne an Meerkat: Man muss sich über nichts Gedanken machen; einfach eine Schlagzeile für den Livestream eintippen – die die App dann gleich twittert – und los.
https://twitter.com/JanEggers/status/576055928543424513
Ein paar Dinge musste ich dann doch lernen:
- Unbedingt hochkant filmen. Ja, wir Medientypen haben eine tief sitzende Abneigung gegen das „Vertical-Video-Syndrom„. Im Mobile-First-Zeitalter sollten wir sie zumindest infrage stellen – und mit Meerkat ist sie ganz schön gefährlich: Wenn man wie gewohnt querformatig filmt, sieht das zwar – zumindest auf dem iPad – ganz passabel aus.
Die Nutzer sehen aber nur eine auf Hochkantformat beschnittene Version:
Und das ist in einem Gespräch ziemlich ärgerlich: wenn man sich nach dem Querformat-Bild richtet, filmt man konsequent zwischen den beiden Gesprächspartnern durch. - Kenne Dein Publikum. Wie viele seiner Follower erreicht man mit einem spontanen Aufruf, doch mal einem Live-Gespräch zuzuschauen? Bei mir war es – immerhin – eine Handvoll, darunter ein, zwei Teilnehmer der Konferenz, auf der ich gerade war. Das wird auch nicht grundsätzlich anders sein, wenn man eine weitere Meerkat-Funktion nutzt und den Stream vorher plant und ankündigt – abgesehen von einigen wenigen Fällen, in denen ein Reporter mitten in einem Nachrichten-Ereignis steht und sendet, hat ein Meerkat-Stream mehr mit einem Hangout unter Experten gemein als mit einer Social-TV-Live-Sendung.
- Trotzdem: öffentlich. Ein Meerkat-Stream ist also in der Regel kein Massenmedium, es fühlt sich trotzdem so an. Mein Gesprächspartner und ich sind automatisch in die Frage- und Antworthaltung zweier Menschen verfallen, die auf einem öffentlichen Podium sitzen.
- Auf @replies bei Twitter achten. Charmant ist, dass Kommentare zum Stream bei Twitter direkt von der App eingeblendet werden – aber nur, wenn der Absender direkt auf den „|LIVE NOW|“-Tweet antwortet, nicht wenn er mir einfach so eine @reply schickt. Schade, wenn ein interessantes Feedback auf den Stream durchrutscht, weil der Nutzer formlos zurückgetwittert hat und ich die Twitter-Benachrichtigungen ausgeschaltet habe.
- Aufzeichnung mitdenken. Sehr praktisch ist, dass Meerkat nach Beendigung des Streams anbietet, einen Mitschnitt lokal aufzuheben – im Netz sollen nach Aussage der Meerkat-Macher allenfalls Sekunden des Streams aufzufinden sein, auf dem iPad kann ich sie aufheben. Was ein schönes Transparenz-Szenario für Mobil-Reporter ermöglicht: Das Gespräch mit einem O-Ton-Geber live streamen, den Mitschnitt für O-Töne auswerten. Das hülfe dem Gegenüber auch, zu verstehen, dass es nicht nur mit mir spricht, sondern mit einem Publikum.
Was Meerkat definitiv fehlt, ist eine Android-Variante der App – und offensichtlich auch die Liebe von Twitter: nachdem Twitter ein Startup übernommen hat, das eine Meerkat-ähnliche Technik bastelt, drehte der Konzern Meerkat den Zugang zu einem Teil der API ab – auf die „Soundso-ist-jetzt-bei-Meerkat“- und „Dein-Twitter-Freund-soundso-sendet-gerade“-Benachrichtigungen muss man also in Zukunft verzichten.
Trotzdem meine ich, dass Meerkat einen Blick lohnt oder auch zwei – ganz besonders für die Einsatz-Szenarien „Live-Reporter mittendrin“, „Experten fragen, Experte antwortet“ und Mobile Reporting.
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