Bei manchen angeblichen Frankfurt-Bildern von heute darf man schon skeptisch sein:
https://twitter.com/bommeljogi/status/578260513575940097
Klar: nicht alles, was heute rund um die Proteste in Frankfurt getwittert und gepostet wurde, war echt. Und auch mir ist heute bei der Mitarbeit an unserem Liveticker an einer Stelle ein nicht authentisches Bild durchgerutscht. Wir haben das bald bemerkt – aber jetzt mal zum Mitraten: welche der folgenden Bilder sind nicht, was sie zu sein vorgeben? Und wie bemerkt man ein Fake?
Level 1: Der Provo-Troll
Frankfurt, 18. März 2015, am frühen Nachmittag. Die Bilder der brennenden Polizeiautos dominieren die Twittersphäre; selbst die Aluhelmfraktion von „Russia Today“ findet nicht wirklich etwas anderes. Und dann dieser Tweet: Ein Polizist schlägt zu. Verbunden mit den Reizwörtern „erfreulich“, „Lucky Punch“ und dem Rechtsradikalen-Ausdruck „Zecken“.
https://twitter.com/thiutisk/status/578189601799565312
Genau diese Überfülle an Auslösern macht misstrauisch: Die erste Quellencheck-Frage nach dem Content lässt auf diese Reizwörter aufmerksam werden. Also eine kurze Prüfung: woher kommt dieses Bild?
Für diese Frage gibt es die Bilder-Quellensuche TinEye, die man sich am besten als Browser-Plugin auf den Arbeitsplatzrechner installiert. Die Suche führt schnell zu früheren Vorkommnissen: Das Bild stammt nicht aus dem heutigen Frankfurt und nicht von einer Webcam, sondern wurde von einem dpa-Fotografen am Rand einer Neonazi-Demo 2012 in Hamburg aufgenommen.
Level 2: Der rührende Moment
Okay, da hat wohl jemand versucht, unsere roten Knöpfe zu drücken, aber was ist mit diesem symbolisch aufgeladenen Augenblick?
dangerous demo in Frankfurt#Frankfurt #Blockupy #occupyfrankfurt #blockupyfrankfurt #DirenFrankfurt @tv8 #18M pic.twitter.com/j3vZE1DWHd
— ahmed gezmiş (@modaistanbul40) March 18, 2015
Auch bei diesem Bild zeigt sich schnell, dass die Story nicht stimmt: TinEye kann das Foto schon 2012 nachweisen – ein Bild der Nachrichtenagentur Reuters aus diesem Jahr. Immerhin tatsächlich bei Blockupy entstanden.
Den beiden Bildern ist gemein, dass sie eigentlich zu gut sind für zufällige (Handy-) Schnappschüsse. Übrigens fiel auch das eingangs erwähnte Fake in diese Kategorie; ein Nutzer hatte über das Kommentarfeld ein altes Agenturfoto hochgeladen. Zugegeben: Starke Bilder mit großer Symbolkraft müssen nicht aus den Archiven professioneller Bildhändler stammen, aber der Verdacht verdient eine Überprüfung.
Level 3: Die Frankfurt-Apokalypse
Frankfurt verschwindet im Qualm?!?
https://twitter.com/hriday_/status/578223039839625216
Die Frage nach Photoshop ist berechtigt. Bei diesen Bildern musste ich sofort an das berüchtigte Reuters-Fake von Rauchschwaden über Beirut denken – und wer an diesem Morgen in Frankfurt war, hatte zwar die Rauchschwaden gesehen, so apokalyptisch wie auf diesen Fotos wirkten sie aber eigentlich nicht.
https://twitter.com/andreasschepers/status/578248748649828353
Die TinEye-Suche fand keine älteren Kopien des Fotos – was dafür spricht, dass es aktuell sein könnte – bestätigte aber, dass es Bilder aus genau identischer Kameraperspektive an anderen Tagen gibt. Eine ergänzende Google-Bildersuche fand das erste Vorkommen des Bildes bei Twitter:
#Frankfurt heute morgen um 8 Uhr. Bild von der Webcam Mainplaza. #Blockupy pic.twitter.com/lDDsKhfgPB
— Susanne Preuß (@supreuss) March 18, 2015
Quelle: eine FAZ-Journalistin. Die sich übrigens in den Antworten recht bald dem Vorwurf ausgesetzt sah, es handele sich um ein manipuliertes Foto – und mit einem Hinweis auf die Quelle antwortete: eine Webcam auf dem Main Plaza dribbdebach. Deren Fotos ließen sich zurückblättern…
…und das Ausgangsbild war tatsächlich unter 8 Uhr im Archiv abgelegt. Selbst die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine Manipulation des Bildes auf dem Server handelt, kann man mindern:
Die gleiche Szene von einer Webcam etwa einen Kilometer südlich zur gleichen Zeit. Wie man sieht, entsteht die Dramatik des Bildes dadurch, dass die Rauchschwaden genau über den Hotelturm mit der Webcam hinweg ziehen.
Das Urteil: Erstaunlicherweise echt.
- Tipps, Tricks und Tools zur Social-Media-Recherche im 15-Minuten-Quellencheck.
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