Soll man zu einer Maschine höflich sein, sogar freundlich? Auch wenn es absurd und vermenschlichend klingt: Ich bin der Meinung, bitte und danke sagen zur KI hat Vorteile, und das hat einen Grund.
(Beitragsbild: Midjourney – „a robot who is also the ultimate gentleman, holding the door for you, large head, large eyes, immaculate dress, smiling, sympathetic, mild-mannered, stylized, art deco style, 1920s –style raw –ar 1:1“)
Wie bekommt man von ChatGPT eine Antwort, mit der man etwas anfangen kann? Wenn wir in meinen Seminaren darüber reden, erzählen immer wieder Teilnehmer, dass sie sich dabei ertappen, „bitte“ zu schreiben oder sich bei der Maschine zu bedanken – und sich dann ein bisschen albern vorkommen. Es ist doch nur eine Maschine, nicht?
Ich glaube, dass genau der Grund ist, weshalb ein freundlicher Umgangston auch bei ChatGPT und seinen Verwandten helfen können – gerade weil es eine Maschine ist.
Unterwegs in der Sprachlandschaft
Man kann es nicht oft genug betonen: Wer ChatGPT nutzt, chattet nicht mit einem synthetischen Verstand – auch wenn es so aussieht. Er bekommt von einer Textvervollständigungs-Maschine Worte zurück, die zum vorgegebenen Text passen – gar nicht so viel anders als bei der Autokorrektur in unseren Handies, aber sehr viel leistungsfähiger. Und mit viel mehr Text als Vorbild.
Wie man einen Text vervollständigt, hat die Maschine aus riesigen Mengen von Textbeispielen gelernt. Etwas über die Hälfte der Trainingsdaten für die GPT-Sprachmodelle stammt aus einer Datensammlung namens „Common Crawl“ – gewissermaßen etliche Regalkilometer ausgedrucktes Internet.
Der Umgangston bestimmt nun mit, an welchen dieser Vorbilder sich die KI orientiert. Wenn wir ChatGPT etwas schreiben, versucht das System, passenden Text zu ergänzen. Konstruktive Dialoge sind eher durch einen freundlichen Umgangston geprägt. Umgekehrt wird ein ruppiger, barscher Ton eher dazu führen, dass konfrontative Foren-Threads als Beispiel dienen.
Nicht, dass man ChatGPT nicht manchmal sehr klare, unmissverständliche Ansagen und Vorgaben machen muss. Aber: Mit der Konfrontation ist es so eine Sache. Inzivilitäten – Beleidigungen, Provokationen, Angriffe – sind ansteckend. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich etwas Produktives jenseits fest gefahrener talking points entwickelt, sinkt.
Höflichkeit ist nicht nur eine Stilfrage – sie ist auch ein Mittel zum Zweck.
Seid nett zur Maschine – aus Eigennutz!
Wenn ich nun also rate: Seid nett zu euren Maschinen, dann nicht, um die empfindliche digitale Seele zu schonen – oder Punkte für die Zukunft zu sammeln, in der die Maschinen die Weltherrschaft an sich gerissen haben. Es ist viel simpler: Ein freundlicher Ton erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich die KI an konstruktiven Dialogen orientiert – die tendenziell lösungsorientierter sind.
Klar: „Bitte“ und „Danke“ sind keine Zauberzutat, mit der auch der unverschämteste Jailbreak auf einmal gelingen würde. Ein gutes Prompt bleibt die Voraussetzung, um gute Ergebnisse zu bekommen – aber der gute Ton ist auf jeden Fall eine Hilfe.
Und deshalb muss man sich nicht schämen, wenn man „Bitte“ und „Danke“ zu ChatGPT sagt.
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