Wenn man eine Präsentation so anfängt, hat man natürlich schon gewonnen:
Diese beiden jungen Menschen, die hier so sichtbar ein Präsentations-Team bilden, studieren Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt im 2. Semester. Gemeinsam mit ihren Studienkolleginnen und -kollegen der anderen Semester haben sie gestern ihre Semesterprojekte präsentiert, und ich war neugierig, weil man ja sehr davon profitiert, gelegentlich eine kalte Dusche frischer Ideen abzubekommen.
Deshalb hatte ich große Erwartungen an das Projekt des 6. Semesters: eine gedruckte (!) Zeitung für das zweite Jahrzehnt (!!) für eine jugendliche Zielgruppe (!!!). Vor allem Orientierung bieten soll sie, die dreimal wöchentlich erscheinende Magazeitung – „wir sind eine ziemlich orientierungslose Generation“, stellt eine der drei Präsentatorinnen fest. Nachrichten jedenfalls muss die Zeitung nicht mehr transportieren, sagen die Studentinnen – das weiß man doch alles schon aus dem Netz. Anders schreiben wollen sie auch; persönlicher, meinungsstärker, aus Blickwinkeln. Und haben lange über die Ansprache der Leser diskutiert: Du oder Sie? „Am Ende haben wir ‚Sie‘ geschrieben, aber mit einem gefühlten ‚Du‘ im Hinterkopf.“ Der Dummy der Zeitung mit dem Titel „qube“ ist derzeit in Druck, soll demnächst über die h_da erhältlich sein. In Kooperation mit dem medium magazin, übrigens.
Jünger, magaziniger, meinungsstärker, offener, anders formatiert: ganz neu ist das alles nicht. Die Geschichte der Rettung der gedruckten Zeitung durch Darmstädter Studenten ist die Geschichte eines spannenden Scheiterns. „qube“ wirkt auf mich wie ein quadratformatiges „Jetzt“ mit zweitägigem Erscheinungsrhythmus. Was die Leistung des Projekts nicht im mindesten schmälert. Wie wird mir am Ende einer der Dozenten sagen: Der Gewinn dieses Semesterprojekts lag nicht darin, dass die gedruckte Zeitung gerettet wurde, sondern dass sich die Studenten die Logik neu erarbeitet haben, die hinter den Strategien steckt.
Eine kleine Sensation ist übrigens das Projekt des 4. Semesters: 50 Leute schreiben in nur dreieinhalb Monaten ein Buch über Darmstadt bei Nacht. Ein Riesenprojekt aus Autoren, Redakteuren, Faktencheckern, Chef vom Dienst, Grafikern, Dichtern, Fotografen, Zeichnern, Organisatoren, Sponsorenjägern. Die PR-Crew nicht zu vergessen, die mit dem zweinulligen Bekenntnis glänzt: „Wir haben in StudiVZ und Facebook einfach irgendwelche Profile angelegt und dann wild Leute geklickt, um das Projekt bekannt zu machen.“ In der RealWorld ™ haben sie unter anderem Flashmobs organisiert. Wie man solch ein Riesenvorhaben zusammenhält? „Ganz oben stand das Internet“, sagen die Studenten und berichten, dass sie sich über ein Projektwiki koordiniert haben, das zugleich als Redaktionssystem diente; über ICQ, über Google Docs, über den Termindienst Doodle und über rund dreitausend E-Mails. Wahnsinn mit Methode. Wow.
Nachtrag, 31.7.09: Ausführlicher Artikel über das „nachts in darmstadt“-Projekt [hier].
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